Die Stifter

Dr. Johann Theobald Christ (1777 – 1841),

Sohn des Kantors der Frankfurter St. Katharinenkirche, war ein beliebter, viel beschäftigter Arzt und Geburtshelfer, der in einem Häuschen in der Hanauer Landstraße an der Ecke zur heutigen Theobald-Christ-Straße lebte.

In einer Zeit, in der die medizinische Versorgung kranker Kinder aus armen Familien noch keineswegs selbstverständlich war, verfügte der kinderliebe, aber selbst kinderlose Arzt und Ausbilder von Hebammen, seinen Nachlass zum Bau eines „für sich bestehenden Krankenhauses“ für „arme kranke Kinder“ und – falls die eher bescheidenen Mittel dafür ausreichen sollten – einer angeschlossenen Entbindungsanstalt für „bedürftige, verheiratete oder unverheiratete schwangere Frauenspersonen“ aus Frankfurt zu verwenden.

1845 wurde das Dr. Christ’sche Kinderhospital – von den Frankfurtern liebevoll „Spitälchen“ genannt – auf dem Gelände des heutigen Clementine Kinderhospitals eröffnet. Der Betrieb des Krankenhauses und die spätere Erweiterung um die benachbarte, vom Stifter angestrebte Entbindungsanstalt und um ein zweites Kinderkrankenhaus in Sachsenhausen wurden durch vielfache großzügige Zustiftungen und Spenden prominenter Frankfurter Bürger ermöglicht.

Dr. Johann Theobald Christ
Louise Freifrau von Rothschild

Louise Freifrau von Rothschild (1820 bis 1894)

gehörte dem englischen Zweig der Familie Rothschild an, den ihr aus Frankfurt stammender Vater Nathan Mayer Rothschild begründet hatte. 1842 heiratete sie ihren Vetter, den Bankier und späteren Abgeordneten Mayer Carl von Rothschild, mit dem sie in Frankfurt das Palais am Untermainkai bewohnte, in dem sich heute das Jüdische Museum befindet. Ihr selbst und ihrer Familie verdankte die Stadt Frankfurt allein etwa 20 Stiftungen, vom Stadtbad Mitte bis zu einem Lazarett für Verwundete des Ersten Weltkriegs.

Ihre Ansichten über die Verpflichtung zur Wohltätigkeit hielt sie schriftlich fest in dem kleinen Band "Gedanken einer Mutter über biblische Texte in Reden an ihre Kinder"; wie erfolgreich sie ihre Einstellung auch ihren Töchtern vermittelte, zeigen deren Stiftungen und Schenkungen an die Stadt Frankfurt.

Das Clementine Mädchen Spital wurde 1875 von Louise von Rothschild eröffnet. Sie hatte es zum Andenken an ihre jung gestorbene Tochter Clementine auf einem 10.000 qm großen Gelände an der Bornheimer Landwehr (damals außerhalb der Stadt gelegen) von den Frankfurter Architekten Mylius und Bluntschli erbauen lassen. Für den Einbau modernster technischer Errungenschaften jener Zeit (wie „Erdclosets mit Fallröhren“ und „Luftcanäle“ unter den Fußböden) hatte sie zusätzlich Fachleute aus England zu Rate gezogen. Mädchen und später auch Jungen aller Konfessionen sollten hier kostenlose medizinische Versorgung erhalten. Bereits 1899 erweiterte die mit 800.000 Goldmark reich ausgestattete Stiftung ihr Krankenhaus durch einen Anbau zur doppelten Größe.

Beide Stifter, deren traditionsreiche Stiftungen sich 1974 zur heutigen Clementine Kinderhospital Dr. Christ’sche Stiftung zusammenschlossen, sind beispielhaft für den sprichwörtlichen Frankfurter Bürgersinn und die Frankfurter Stiftungskultur, die vor allem durch die Stiftungen jüdischer Familien geprägt wurde. Es war ihnen ein Anliegen, unter Überwindung gesellschaftlicher und konfessioneller Schranken für kranke Kinder ein Refugium zu schaffen, in dem ihre speziellen körperlichen und seelischen Bedürfnisse berücksichtigt würden.

Die Leitung (Administration, Vorstand) der Stiftungen und ihrer Krankenhäuser sollte ehrenamtlich von Frankfurter Bürgern übernommen werden.

Clementine von Rothschild (1845 bis 1865),

die dritte von 7 Töchtern, war nach langer Krankheit im Alter von 20 Jahren gestorben. Anmutig und schön, vielseitig begabt und tief religiös hinterließ sie eine religionsphilo­sophische Schrift, in der ihre Menschenliebe ebenso zum Ausdruck kommt wie ihre wache Intelligenz und ihr Glaube: 10 fiktive Briefe "an eine christliche Freundin über die Grundwahrheiten des Judentums", die sie im Alter von 16 bis 20 Jahren vor dem Hintergrund des ihr nahe stehenden liberalen Judentums verfasste.

 

Clementine Henrietta von Rothschild aus dem Skizzenbuch von Moritz Daniel Oppenheim,1846/47 Clementine, Aquarell, gemalt von ihrer Mutter Louise um 1853 Clementine von Rothschild im Alter von 14 Jahren Clementine mit ihrer älteren Schwester Emma (Ölgemälde von Philipp Rumpf)

Quellen und Abbildungen: 
"Full of talent and grace - Clementine von Rothschild 1845 - 1865, zum 125- jährigen Bestehen des Clementine Kinderhospitals", erschienen 2000, zweite Auflage 2011, Societätsverlag Frankfurt am Main // "Festschrift zum 150-jährigen Jubiläums des Clementine Kinderhospitals - Dr. Christ'sche Stiftung", erschienen 1995